Implicit Bias: 5 Strategien, um vorurteilsfrei zu kommunizieren

Von Jessica Feldmann
Grafik Person mit Auge

Ob bei der Auswahl passender Job Kandidat:innen, bei Kaufentscheidungen, beim Scrollen durch Nachrichten Headlines oder in der Kampagnenarbeit: Überall kann uns Implicit Bias begegnen und beeinflussen. Es handelt sich um Annahmen, Stereotypen und Vorurteile, die wir in uns tragen, ohne uns dessen bewusst zu sein. Wie Implicit Bias entsteht und was wir tun können, um ihn zu vermeiden, darum geht es in diesem Artikel. 

Was ist Implicit Bias?

Implicit Biases sind Annahmen, Stereotypen und Vorurteile, derer wir uns nicht bewusst sind. Im Unterschied zu offensichtlichen Formen von Diskriminierung operiert Implicit Bias also im Verdeckten und Unbewussten. Er wird immer dann automatisch aktiviert, wenn wir anfangen, „in Kategorien“ zu denken. Das Tückische daran: Häufig widerspricht Implicit Bias sogar unseren bewussten Überzeugungen und Haltungen. Wir können also grundsätzlich offen und tolerant sein und gleichzeitig dennoch unbewusst Vorurteile hegen. Diese wiederum beeinflussen unbemerkt unsere Meinungsbildung, aber auch Entscheidungen und Verhalten. Implicit Bias ist besonders hartnäckig und schwierig aufzubrechen. Er ist vermutlich einer der Hauptgründe für die Aufrechterhaltung von Diskriminierung in unserer Gesellschaft.

Implicit Bias im Recruiting 

Vor allem in Bereichen, in denen Menschen von der Wertung und Beurteilung anderer abhängig sind, sind Biases (also Vorurteile) problematisch. So kann es passieren, dass bestimmte Job Bewerber:innen aus dem Recruiting Prozess vorzeitig ausscheiden, weil ihnen weniger Leistungsfähigkeit z. B. aufgrund ihres Alters, Geschlechts oder Migrationsbiografie zugetraut wird. 

Dieser Implicit Bias wird auch für Unternehmen selbst zum Problem. Denn es landen nicht immer die kompetentesten Bewerber:innen in den zu besetzenden Positionen. Eine weitere Folge kann sein, dass es unter anderem deshalb nicht zu ausreichender Diversität und Meinungsvielfalt innerhalb eines Teams kommt. Unternehmen würden hingegen gerade davon stark profitieren.

Implicit Bias messen
Psycholog:innen haben in den 1990ern einen Test entwickelt, um Implicit Bias zu erfassen: Der Implicit Association Test (IAT). Der Test wurde mittlerweile millionenfach durchgeführt, um implizite Einstellungen in Bezug auf Hautfarbe, Alter, Gewicht, Sexualität und Geschlechterrollen zu messen. Anhand der durchschnittlichen Reaktionszeit, kann erfasst werden, wie schnell bzw. leicht wir bestimmte Begriffe und Attribute miteinander verbinden – wie stark also die automatische Assoziation in unserem Kopf ist. 
Fällt es uns leichter „jung“ und „schön“ zusammen zu denken als „alt“ und „schön“? Verbinden wir „Männer“ eher mit „Management Positionen“ als Frauen?

Wie entsteht Implicit Bias?

Implicit Bias wird in erster Linie durch Erziehung und Erfahrungen erlernt. Implizite Annahmen sind aber auch häufig ein Spiegel vorherrschender Normen und Strukturen in unserer Gesellschaft: Dass es viel mehr Männer in verantwortungsvollen Positionen gibt, kann zu der impliziten Annahme führen, dass sie besser dafür geeignet wären. Dass schlanke Körper oft als „schöner“ wahrgenommen werden, liegt maßgeblich an dem vorherrschenden Schönheitsideal. Solche Annahmen und Vorurteile werden jedoch auch dadurch verfestigt, dass stereotypische Rollenbilder und Schönheitsideale in Werbung und (Sozialen) Medien immer wieder bedient und reproduziert werden. Gerade an dieser Stelle können wir ansetzen. Wir haben uns die Frage gestellt, wie man Implicit Bias in der Kommunikation begegnen und reduzieren kann.


Hier sind 5 Strategien, die auch ihr gegen Implicit Bias anwenden könnt: 

  1. Das Unbewusste ins Bewusstsein rücken:
    Dabei kann der IAT ein hilfreicher Ausgangspunkt sein. (Link zum gratis Test.) Ergebnisse, die uns überraschen, weil wir sie nicht bei uns vermutet hätten, schärfen das Bewusstsein und liefern neue Denkanstöße: Auf welches implizite Vorurteil sollten wir in Zukunft noch stärker achten? Wie sind wir auch selbst als (Medien)Konsument:innen davon beeinflusst? Wenn ihr offen dafür seid, könnt ihr die Erfahrungen mit dem Test auch innerhalb eures Teams teilen und reflektieren.
  2. Aktiv gegensteuern:
    Sprache erzeugt Bilder und Assoziationen, egal ob in Kampagnen, Slogans oder Social Media Beiträgen. Verwendet daher eine Sprache, die inklusiv ist. Setzt auch bewusst auf Botschaften, Bilder und Personen, die mit gängigen Stereotypen brechen. So vermeidet ihr, dass eben diese gesellschaftlich reproduziert und in unseren Denkmustern weiter verhaftet bleiben.
  3. Empfänger:innen an das Problem heranführen und einbinden:
    Ihr könnt auch die Empfänger:innen eurer Botschaften immer wieder auf Implicit Bias hinweisen anhand konkreter Beispiele und Gegenüberstellungen. Zum Beispiel indem ihr eure Community mit einem bekannten Werbeplakat konfrontiert und nachhakt: Welche impliziten Annahmen und Stereotypen könnten sich dahinter verbergen?
  4. Persönliche Geschichten erzählen:
    Sobald wir uns näher mit Individuen und nicht mehr mit bloßen „Kategorien“ auseinandersetzen, fällt unser automatisches Schubladendenken weg. Wir können uns besser mit anderen identifizieren, Hintergründe verstehen und so unsere impliziten Annahmen verändern. 
  5. Vorsicht vor dem „Cognitive Overload“:
    Unsere mentalen Kapazitäten, Informationen zu verarbeiten, sind begrenzt. Wird der „Cognitive Load“ zu hoch, so kippen wir wieder in den „Automatik Modus“ und damit in stereotypes Denken, das uns keine zusätzliche Anstrengung und Willenskraft mehr abverlangt. Achtet also auch in der Kommunikation immer darauf, eure Empfänger:innen nicht mit Informationen zu überfrachten.